Zukunft der economy

Fachkräftemangel im Handwerk

In der Baubranche herrscht grosser Fachkräftemangel, der sich noch verschärfen wird, da immer mehr Beschäftigte in den Ruhestand gehen – ein Problem, das in der HLK-Branche besonders akut ist. Um dem entgegenzuwirken, wird die Baubranche in ihr Image investieren, die Ausbildung von Fachkräften ausbauen und neue Technologien nutzen müssen.

Der wachsende Fachkräftemangel im Handwerk

94% der Bauunternehmen geben an, dass die Suche nach qualifiziertem Personal eine der grössten Herausforderungen darstellt (35). Der Fachkräftemangel im Baugewerbe ist auf mehrere Faktoren zurückzuführen. Erstens leidet die Branche unter einem schlechten Image, da die Arbeit im Baugewerbe oft als körperlich anstrengend wahrgenommen und mit langen Arbeitszeiten und schwierigen Bedingungen in Verbindung gebracht wird. Dies schreckt jüngere Generationen davon ab, in diesem Bereich zu arbeiten. Zweitens mangelt es in vielen Ländern an Berufsausbildungs- und Lehrprogrammen, um den Mangel an Fachkräften in der Gebäudetechnik zu beheben. Dies gilt z.B. für Elektriker, Rohrleitungsbauer, Lüftungstechniker oder Systemintegratoren. Drittens zieht es Arbeitnehmer mit übertragbaren Fähigkeiten oft in andere Branchen, die bessere Löhne oder Arbeitsbedingungen bieten. Dieser Trend wurde durch die COVID-19-Pandemie noch beschleunigt und hat viele Arbeitnehmer veranlasst, der Branche dauerhaft den Rücken zu kehren.

Der Druck auf die Baubranche wird mit der zunehmenden Urbanisierung (36) und der damit verbundenen Nachfrage nach Neubauten noch steigen. Gleichzeitig müssen die Sanierungsraten weltweit um mehr als 100% – in einigen Regionen sogar noch mehr – steigen, um die Netto-Null-Ziele zu erreichen, und durch die Umwidmung von Gewerbeimmobilien als Reaktion auf hybride Arbeitsmodelle wird sich die Arbeitslast weiter erhöhen. Hinzu kommt, dass viele Arbeitnehmer kurz vor der Pensionierung stehen. McKinsey & Company schätzt, dass bis 2032 16% der heutigen Bauarbeiter und 29% der HLK-Mechaniker in den USA in den Ruhestand gehen werden. Gleichzeitig wird es bei den hohen Fluktuationsraten bleiben: 1'194'000 Bauarbeiter und -helfer sowie 239'000 Anlagenmechaniker werden die Branche verlassen. Infolgedessen müssen bis 2032 allein in den USA 1'514'000 Arbeitsplätze im Baugewerbe und 380'000 in der HLK-Branche neu besetzt werden (37). Der 2023 herausgegebene Bericht des Europäischen Arbeitsvermittlungsnetzwerks (European Employment Services, EURES) zum Arbeitskräftemangel zeigt einen ähnlichen Trend für Europa. Zwölf Länder melden einen Mangel an Bauarbeitern, sechs davon bezeichnen ihn als sehr ernst. Im Bereich der HLK-Mechaniker besteht in elf Ländern ein Mangel. In sechs davon wird dieser als ernst eingestuft (38).

Der Druck wird sich aufgrund der raschen Urbanisierung und der zunehmenden Dringlichkeit, bestehende Gebäude nachzurüsten, noch verstärken.

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Personalentwicklung für das Netto-Null-Ziel: Fachkräftemangel im Handwerk beheben

Um den zunehmenden Fachkräftemangel im Handwerk zu beheben, muss die Bau- und HLK-Branche ihr Image verbessern, in die Aus- und Weiterbildung investieren, neue Technologien einführen und mit staatlichen Stellen zusammenarbeiten, um flankierende Massnahmen zu implementieren. Diese Lücke muss geschlossen werden, wenn der Arbeitskräftebedarf befriedigt und die Netto-Null-Ziele erreicht werden sollen.

Um jüngere Generationen für das Handwerk zu begeistern, muss das Image der Branche verbessert werden. Umfragen zeigen, dass eine Berufsausbildung für 74% der Generation Z einen geringeren Stellenwert als ein vierjähriges Studium hat, und nur 5% der Eltern ermutigen ihre Kinder zu einer Karriere im Handwerk (39). Darüber hinaus werden unterrepräsentierte Gruppen nicht ausreichend angesprochen. So stellen Frauen in Europa nur 2% der Arbeitskräfte auf dem Bau und 0% im HLK-Bereich (39). In den USA liegt der Anteil der weiblichen Beschäftigten in der HLK-Branche mit 2.6% nur geringfügig höher (40).

Ein beträchtlicher Teil der Bauarbeiter und HLK-Mechaniker steht kurz vor der Pensionierung, ...

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... was zu einem wachsenden Fachkräftemangel im Handwerk führt

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Der Ausbau der allgemeinen und beruflichen Bildung ist ebenfalls von entscheidender Bedeutung. Berufsbildung, Zertifizierungen, Lehrstellen und Ausbildung am Arbeitsplatz müssen auch für ungelernte Arbeitskräfte und Quereinsteiger geöffnet werden. Programme wie das ROVC in den Niederlanden, das jährlich 15'000 Fachkräfte ausbildet, sind ein Musterbeispiel für den Erfolg. Ebenso wichtig ist die Weiterqualifizierung der bestehenden Arbeitskräfte: 35...45% der Arbeitskräfte, die in Europa im Sanierungsbereich arbeiten, brauchen Schulungen zu Themen wie Isolierung, Lüftung oder Wärmepumpen (41). Auch die Lehrpläne für die berufliche Bildung müssen umgestaltet werden, indem neben dem traditionellen Fachwissen auch Inhalte im Bereich KI, Cybersicherheit und Software-Engineering vermittelt werden.

Steigende Arbeitskosten werden zu technologischen Innovationen führen, um die Effizienz zu steigern. Komponenten, die unter der Prämisse einer fehlerfreien Installation entwickelt werden, verringern den Schulungsbedarf, und mittels Augmented Reality können Arbeitskräfte vor Ort angeleitet oder mit Fachleuten verbunden werden, die online helfen. Vorgefertigte und modulare Komponenten bieten weitere Möglichkeiten. Vormontierte Elemente wie Steigzonen und Fassaden erfordern weniger Arbeits- und Zeitaufwand und verbessern die Qualität.

Schliesslich sind auch flankierende politische Massnahmen von enormer Bedeutung, z.B. Einwanderungsgesetze, die es ausländischen Arbeitskräften ermöglichen, Zugang zum Arbeitsmarkt zu erhalten und damit dem Fachkräftemangel entgegenwirken.