Zukunft der environment

Elektrifizierung und Energieoptimierung

Etwa ein Viertel der weltweiten CO2-Emissionen stammt aus dem Gebäudebetrieb. Um das Netto-Null-Emissionsziel bis 2050 zu erreichen, müssen die von Gebäuden verwendeten Brennstoffe weiter dekarbonisiert und die Energieintensität reduziert werden, indem Erzeugung, Rückgewinnung, Speicherung sowie Verbrauch thermischer Energie optimiert werden.

Betriebsemissionen: ein Hauptverursacher globaler CO2-Emissionen

Die Baubranche ist einer der grössten Energieverbraucher der Welt, da der Betrieb von Gebäuden 30% des Endenergieverbrauchs ausmacht. Etwa 40% dieser Energie entfallen auf die Heizungs-, Lüftungs- und Klimatechnik, der Rest auf Beleuchtung, Ausrüstung, Aufzüge, Rolltreppen und andere Systeme. 2022 war der Gebäudebetrieb für 27% der weltweiten CO2-Emissionen verantwortlich; das entspricht 9.8 Gt CO2 (8). Um so viel CO2 zu binden, bräuchten wir einen Wald der Grösse Chinas.

Die gute Nachricht: Immer mehr Gebäude stellen auf erneuerbare Energien und Elektrizität als Energiequelle um. Wenn die Stromerzeugung vollständig dekarbonisiert wird, könnte Kohlenstoff langfristig eliminiert werden. Die schlechte Nachricht: Der Einsatz fossiler Brennstoffe in Gebäuden ist in absoluten Zahlen seit 2010 durchschnittlich um jährlich 0.5% gestiegen (8). Hauptgrund dafür ist die Zunahme der weltweiten Grundfläche, die schneller gewachsen als die Energieintensität (der Energieverbrauch pro Grundfläche) gesunken ist. Ein weiterer Faktor ist der Anstieg bei der Zahl der Gebäude, die gekühlt werden. Der Energieverbrauch für die Kühlung von Gebäuden hat sich seit 1990 mehr als verdreifacht. Zudem sehen wir hier einen Multiplikatoreffekt, da mehr als die Hälfte der bis 2030 hinzukommenden Grundflächen auf Gebiete mit hohem Gebäudekühlungsbedarf entfallen werden. Dieser Trend wird sich fortsetzen. Bis 2030 wird die weltweite Grundfläche voraussichtlich um etwa 15% wachsen. Dies entspricht der gesamten bebauten Grundfläche des heutigen Nordamerikas (9). Damit das Netto-Null-Szenario der Internationalen Energieagentur (IEA) eintritt, müssen die in Gebäuden verwendeten Brennstoffe weiter dekarbonisiert und die Energieintensität reduziert werden.

Der Betrieb von Gebäuden macht rund 30% des weltweiten Endenergieverbrauchs aus

03_EM2

Der Betrieb von Gebäuden verursacht 27% der weltweiten CO2-Emissionen bzw. 9.8 Gt CO2

04_EM3

Damit das Netto-Null-Szenario der IEA eintritt, müssen Gebäudebrennstoffe weiter dekarbonisiert werden

05_EM6

Damit das Netto-Null-Szenario der IEA eintritt, muss die Energieintensität – der Energieverbrauch pro Grundfläche – weiter gesenkt werden, um die Zunahme der Grundfläche auszugleichen

06_EM5

Brennstoffe für Gebäude dekarbonisieren und Energieintensität senken

Um Brennstoffe zur Nutzung in Gebäuden zu dekarbonisieren und die Energieintensität zu senken, muss die Erzeugung thermischer Energie in Gebäuden, d.h., Rückgewinnung, Speicherung und Verbrauch, optimiert werden.

Um die Erzeugung thermischer Energie für Heizzwecke zu optimieren, wird ein Wechsel von mit fossilen Energieträgern betriebenen Systemen hin zu Wärmepumpen, die mit erneuerbarem Strom betrieben werden, benötigt. Laut IEA könnte eine Verdreifachung des weltweiten Wärmepumpenbestands bis 2030 die CO2-Emissionen um jährlich 500 Megatonnen senken (10). Die meisten Wärmepumpen verwenden heute jedoch Kältemittel auf Fluorkohlenwasserstoff-Basis mit hohem Treibhauspotenzial (Global Warming Potential, GWP). Wenn dies so bleibt, könnte der Bestand an Wärmepumpen 2030 zu einem Ausstoss von 740 Megatonnen CO2-Äquivalent führen (10). Mögliche Lösungen wären die Umstellung auf Fluorkohlenwasserstoffe mit niedrigerem Treibhauspotenzial (GWP), Kohlenwasserstoffe oder andere natürliche Kältemittel. Fluorkohlenwasserstoffe bedürfen jedoch noch weiterer Forschung im Zusammenhang mit ihrer Toxizität und ihrem Abbau in der Atmosphäre, während Kohlenwasserstoffe zusätzliche Sicherheitsvorkehrungen wegen ihrer Entflammbarkeit erfordern. Prognosen zufolge wird sich die Notwendigkeit, Systeme zur Kühlung von Gebäuden einzusetzen, bis 2050 aufgrund des Klimawandels mehr als verdreifachen (7). Um den damit verbundenen Anstieg der Energieintensität abzumildern, muss die Effizienz der Kühlsysteme verbessert und verstärkt auf passive Kühllösungen gesetzt werden. Darüber hinaus kann vor Ort erzeugter und gespeicherter Strom aus Photovoltaikanlagen dazu beitragen, die für die Kühlung erforderliche höhere Energieintensität zu dekarbonisieren.

Eine weitere Möglichkeit, den Brennstoffmix von Gebäuden zu dekarbonisieren, ist die Rückgewinnung und Umverteilung von Abwärme. Überschüssige Wärme aus kommunalen Müllverbrennungsanlagen, Rechenzentren, U-Bahn-Tunneln, Industrieanlagen, Elektrolyseuren oder Kernkraftwerken wird in immer grösserem Umfang aufgefangen und über Fernwärmenetze weiterverteilt. Durch die Einführung der Wärmepumpentechnologie dürften auch die Anergienetze an Bedeutung gewinnen. Anergienetze übertragen die thermische Energie zwischen Gebäuden bei Umgebungstemperaturen (10...25°C) und verringern so die Wärmeverluste.

Zudem werden Wärmepumpen und die Nutzung der Abwärme zu einem verstärkten Einsatz von Wärmespeichern als effiziente Möglichkeit führen, Angebot und Nachfrage bei der Energieversorgung aufeinander abzustimmen. Wärmepumpen können überschüssige Elektrizität aus erneuerbaren Quellen wie Wind oder Photovoltaik in Wärmeenergie umwandeln, wenn elektrische Leistung im Überfluss vorhanden ist und die Strompreise niedrig sind (10). Darüber hinaus kann Abwärme aus industriellen Prozessen oder Rechenzentren für den späteren Verbrauch gespeichert werden, sodass die Energie nicht ungenutzt an die Umwelt abgegeben wird. Die thermische Energiespeicherung ist zudem hocheffizient. Sie erreicht einen Wirkungsgrad von 90...98% bei mehrtägiger Speicherung und 70...80% bei saisonaler Speicherung.

Eine der effizientesten und kosteneffektivsten Möglichkeiten, die Energieintensität von Gebäuden zu senken, stellen jedoch Gebäudeautomationssysteme dar. Dies gilt insbesondere für bestehende Gebäude, die grösstenteils sanierungsbedürftig sind. In der EU gelten beispielsweise 97% der Gebäude als energieineffizient (12). ISO 52120-1 hebt hervor, dass durch die Umstellung von standardmässigen (Klasse C) auf hocheffiziente Gebäudeautomationssysteme (Klasse A) Energieeinsparungen von bis zu 40% erzielt werden können. Entsprechende Nachrüstungen erfordern oft nur minimale Änderungen, wie z.B. den Einbau dynamischer hydraulischer Abgleichventile, variabler Wasserdurchflusssysteme, bedarfsgeregelter Lüftung oder Raumregler mit Anwesenheitserkennung für die stetige Regelung. Angesichts der grossen Wirkung und der geringen Kosten dürfte sich die Einführung moderner Gebäudeautomationssysteme beschleunigen, zumal die derzeitige Nachrüstungsrate von 1.0% pro Jahr hinter den 2.5% zurückbleibt, die für das Erreichen des Netto-Null-Ziels bis 2050 erforderlich sind (13).